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Was Design sein kann

Moritz Grund

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Design im Geiste des gerechten und friedlichen Zusammenlebens auf unserer Erde. Das beinhaltet auch den sensiblen und intelligenten Umgang mit unseren Ressourcen.

Anders ausgedrückt: Design sollte die Lebensbedingungen vieler Menschen nachhaltig verbessern, ohne dabei einen Schaden an Mensch und Natur zu verursachen. Zum Anderen betrifft es das Selbstverständnis für das Betätigungsfeld und den Einsatzort kreativ- gestalterischer Kraft. Ausgehend vom Ursprung der Disziplin verorten sich viele Gestalter in der Tradition des Industrieformgebers. Das ist nicht falsch, doch betrachtet man die heute mögliche Perspektivenöffnung und die aktuellen Herausforderungen, zu eng gefasst. Zu schade ist die Beschränkung der Schaffenskraft der kreativen Köpfe auf die immer und immer wiederholte Gestaltung der gewohnten Produktwelt. Design muss anfangen globale Prozesse und Zusammenhänge zu gestalten, sozialen Gefügen Formen geben, Wirtschaft und Verhalten von Menschen zu verändern, im Sinne unserer Zukunftsfähigkeit.

Wie geht es weiter?
Hinter einer wachsenden Zahl von Unternehmungen stehen heute schon Designerinnen und Designer, die mit sich vereinbart haben alles sie umgebende Menschgemachte verändern zu wollen. Sie werfen bisherige gestalterische Regeln über Bord und leben dabei ein vollkommen neues Designverständnis. Sie gestalten fernab der bisherigen Szenarien und entwerfen etwa neuartige digitalisierte Dienstleistung, designen

öko-soziale Geschäftsmodelle oder revolutionieren den Markt der Unternehmensberatungen.

Design kann heute mehr sein als ein emotional-formal-funktionales Verkaufsargument. Nein, Design muss heute mehr sein um einen relevanten Beitrag bei der Entwicklung und Gestaltung unserer Welt leisten zu können. Redesign Design!

Es gibt sie noch: die Gestalter, Designer und Industrieformgeber. Die Stylisten und Verantwortlichen für nicht endende Ströme von neuen Lampen, Stühlen und Designspielereien. Unter ihnen die Stars des Designs, Autoren der Form und Traumstifter für ungezählte Studentinnen und Studenten, die alljährlich die Hochschulen als zertifizierte Gestalter verlassen. All diese Designerinnen und Designer geben unseren Produkten ihre Form, sie stiften Trends und helfen unsere Lebenswelt schöner, reicher oder leichter zu machen. Wie schön.

Doch genau in dieser Zustandsbeschreibung liegen bequeme Denkfehler. „Unsere Lebenswelt“? Die Designwelt ist eine, historisch bedingt, stark aus der europäisch-nordamerikanischen Perspektive gedachte Welt. Ihre Referenzpunkte und ihr Problembewusstsein beschränkt sich fast ausschließlich auf die Lebenswelt der Designer. Diese verengte Sichtweise kann nicht bestehen bleiben. Wir sind weit über die Abhängigkeit von einer lebenserhaltenden Natur miteinander verwoben. Globale Wirtschaftssysteme und Weltpolitik berühren unser Leben alltäglich. Höchste Zeit für einen mutigen Blick über den eigenen Tellerrand und das Aufgeben der Bequemlichkeit zugunsten der wirklichen Komplexität globaler zu gestaltender Zusammenhänge.

Leider verengen viele Designer ihr Sichtfeld weiter und schöpfen ihre Lebensberechtigung aus dem Visualisieren neuer kurzzyklischer Trends und kleinteiliger Produktdiversifizierung im Sinne einer Verlängerung des Markenmythoses und des Quartalsumsatzes. Kaum ein großer Wurf, kaum eine neue Form entsteht in unserer Welt der Produktsättigung und -vollausstattung. Es ist Zeit diese Blase der übergestalteten „ersten Welt“ zu verlassen.

Welche Bedeutung hat diese Feststellung?

Zum Einen die Erkenntnis, nicht allein in der eigenen westlichen Nordhemisphäre zu gestalten, sondern den Mut zu finden, sich jenseits von eingeübter

Erste-Welt-Problemen den Grundbedürfnissen und Problemen vieler Menschen anzunehmen und in Ihrer Perspektive zu gestalten.

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