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Das Essentielle im Digitalen

Prof. Dipl.-Ing. Ulrich Nether

lehrt Produktdesign und Ergonomie. Er ist Innenarchitekt und Mitbegründer

des Büros netherblu gestalt crossover in Düsseldorf.

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Sie scheinen großzügig und verheißungsvoll, jedes Statement fließt ein in den unendlichen Speicher, das kollektiven maschinengestützten Menschheitsgedächtnis. Mit jedem Post weisen wir über uns selbst hinaus, überwinden Körper und Tod.

Gewöhnlich kennen wir Digitales virtuell, als mögliche Realität. Doch der Stoff aus dem die Träume sind wird stofflicher, die Träume wahr: Wir produzieren direkt ohne Umwege aus Daten, auch Objekte werden „intelligent“, die so genannte KI geht in Big Data auf. So wird es wohl für uns Menschen in einigen Jahrzehnten eigentlich nichts mehr zu tun geben, nicht nur können alle inhumanen Tätigkeiten von Maschinen übernommen werden, sondern wir haben uns unsterblich gemacht, indem wir aus den naturgegebenen Mitteln etwas geschaffen haben, das uns überflügelt, aus den Mängelwesen Mensch werden nicht nur selbst- und genoptimierte Cyborgs in schöner neuer Welt, sondern Götter.

Das ist das eigentlich Essentielle im Digitalen, die Verwirklichung des Menschheitstraums: die Überwindung von Raum und Zeit, das Paradies auf Erden, der siebte Himmel, Nirvana... eine Unendlichkeit, in der alles fließt und wir letztlich überflüssig sind.

So bleibt die Frage dringlich, wer wir sind und sein wollen, wie unsere schöne neue Welt denn konkret werden soll und wer wirklich Teil hat an ihr. Überlassen wir das zu programmieren den Beherrschern der Technik des Digitalen oder gestalten auch wir?

Digitales ist eindeutig, mit den Fingern zählbar. Insofern ist es existierend, konkret und wesentlich. Das Digitale ist per se Essenz.

Wenn wir von Essentiellem sprechen, dann meinen wir: Für uns in unserem Dasein von grundlegender Bedeutung. Dabei gehen die für das Menschsein wesentlichen Bedürfnisse weit

über die reine Existenz hinaus, wir brauchen soziale Beziehungen ebenso wie individuellen Selbstwert und kognitive Herausforderung. Und wir definieren uns auch über das, was wir tun und wohin wir streben.

Und schließlich gibt es die mythischen Menschheitsträume: Der Sage nach schenkte Prometheus dem hilflosen Menschen die eigentlich den Göttern vorbehaltene Eigenschaft, die Natur zu beherrschen mittels der Technik. Sich so die Erde untertan machen heißt nicht nur, Unterscheidung von anderen Lebewesen und Fähigkeit zur Selbstverwirklichung sondern Ansporn zu transzendieren. Die der Ausschließlichkeit beraubten Götter setzten also Hürden und schufen die verführerische Pandora mitsamt ihrer berüchtigten Büchse.

Heute stehen wir trotz der Widrigkeiten scheinbar an der Schwelle zur Weltformel: Analoges und Manufaktur werden von digitalen Techniken abgelöst, Phänomene in Daten transferiert, gespeichert und prozessiert.

In Erleben und Erfahrungen – und nur dies hat Bedeutung für uns – ist das Digitale nicht nur fester Bestandteil geworden, längst sind digital geprägte Räume konkret. .

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