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Stil- Peripherien

Prof. Dr. Phil. Andreas K. Vetter

lehrt Kunst- und Kulturgeschichte.

Er ist Kunsthistoriker und lebt in Detmold.

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Als Vilem Flusser einst sinnierend feststellte: „Manche Dinge in meiner Umgebung sind mir nicht ganz geheuer“, setzte er sich anschließend hin und konnte nicht anders, als der Sache nachzugehen. Es entstand ein nachdenklicher Text, der sich mit unterschiedlichen Kategorien im Verhältnis Mensch und Ding befasste und zum Ausgangspunkt einer interessanten Sammlung von Überlegungen zu allen möglichen Elementen unseres Lebens, Wohnens und Gebrauchens wurde – Dinge und Undinge.


Was den Philosophen derart umtrieb und literarisch werden ließ, müsste eigentlich für jeden reflektierenden Gestalter aber auch Nutzer gelten. Nachdenken über Dinge, also. Zum einen wäre damit die Frage nach Funktion und Form verbunden, der heutige Zeitgenosse würde aus Gründen der Nachhaltigkeit zum anderen auch nach der grundsätzlichen Notwendigkeit fragen. Außerdem interessierten auch Herstellungskosten und Preis, sicher auch die Möglichkeiten, ein Produkt zu vermarkten. Auf was aber bezog sich Flussers Bemerkung, manche Dinge seien ihm „nicht ganz geheuer“?


Vor allem die hintergründige Dimension der Dingwelt ist hierbei angesprochen.

Es sind die gestaltbezogenen oder assoziativ erzeugten Emotionen, die uns ein Objekt anziehend, vielleicht sogar begehrenswert und unwiderstehlich, ebenso aber auch abstoßend oder peinlich sowie letztlich Stil- Peripherien unheimlich werden lassen.

Seit jeher suchen nun sowohl Entwerfer als auch Auftraggeber nach Gestaltungsparametern, die das Objekt, sei es nun ein Bauwerk oder ein Produktdesign, inhaltlich positiv aufladen, beziehungsweise auf kontrollierte Weise zu einem positiven Nutzerverhältnis führen.

Der Begriff für eine Konvention von Entwerfern und Nutzern, die in gemeinsamer Übereinkunft eine spezielle Form von Gestaltung als präzise bestimmbar, anspruchsvoll und ästhetisch hochwertig definiert, ist ‚Stil’.

Die Designwelt kann dankbar für ihn sein, denn mit seinem Dogma entsteht in allen Bereichen der Gestaltung ein Widerpart für alles, das sich nicht ‚stilvoll’ verhält und an den Peripherien wirkt: ein Anti-Stil, ein ‚schlechter’ Stil, Kitsch etc. ... oder die Chance für Kreativität – indem man das auslotet, was in den ‚Stilismen’ steckt, damit spielt, Spaß hat, Irritation erzeugt, oder etwas, das ‚nicht ganz geheuer ist’.

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